„Das könnte zum Super-GAU werden“

Von Marion Luppen

Parteien: Ostfriesischer CDU-Vorsitzender Hegewald übt scharfe Kritik am Mitgliedervotum der SPD

Es sei nicht richtig, „vielleicht 50000 Menschen“ über Wohl und Wehe einer Regierung entscheiden zu lassen, meint der Emder. Andere CDU-Mitglieder aus Ostfriesland sehen das lockerer.
Rotes oder grünes Licht? Der Koalitionsvertrag wird den Mitgliedern der SPD zur Abstimmung vorgelegt. Bild: DPA

Ostfriesland
- Der Koalitionsvertrag steht, doch ob es zu einem schwarz-roten Bündnis im Bundestag kommt, darüber entscheidet die SPD-Basis per Mitgliedervotum. Was halten CDU-Mitglieder in Ostfriesland von dieser Vorgehensweise? Die OZ hat nachgefragt.

Scharfe Kritik kommt von Reinhard Hegewald aus Emden, Bezirksvorsitzender der CDU Ostfriesland. Er finde es „sehr bedenklich, dass am Ende vielleicht 50 000 Menschen über das Wohl und Wehe einer Regierung entscheiden“, so Hegewald. „Wir machen den Koalitionsvertrag nicht für die SPD-Mitglieder, sondern für Deutschland.“ Auch in der CDU werde über den Koalitionsvertrag durchaus kontrovers diskutiert, sagt Hegewald. Dennoch sei ein Mitgliederentscheid in seiner Partei kein Thema. „Das ist SPD-Stil, aber unser Stil ist es nicht.“ Wie das Votum ausgehen wird? Da würde Hegewald keine Wetten abschließen. Ein Nein der Basis könne zum „Super-GAU für die SPD-Führung werden – und auch für Deutschland“.

Kritisch äußert sich auch der Auricher CDU-Kreisvorsitzende Sven Behrens. Der Wählerauftrag sei klar, deshalb sei es „sehr fragwürdig“, nun die SPD-Basis entscheiden zu lassen, „wie es in Deutschland weitergeht“. Rein strategisch allerdings, meint Behrens, sei es vom SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel ein guter Schachzug gewesen, das Mitgliedervotum ins Spiel zu bringen.

Herbert Buisker, Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Emden-Süd, hält nichts von der Vorgehensweise der SPD. „Ich hätte das an deren Stelle nicht so gemacht. So viel Vertrauen sollte man zu den eigenen Abgeordneten doch haben.“ Das Risiko, „dass was aus dem Ruder läuft“, sei viel zu hoch.

Joachim Heemsoth, Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes Leer, bleibt gelassen. Wenn die SPD glaube, die Basis über den Koalitionsvertrag abstimmen lassen zu müssen, „dann ist das ihre Entscheidung und ihr Recht“, so Heemsoth.

Der Wittmunder CDU-Kreisvorsitzende Dirk Gronewold hält es für unnötig, die SPD-Basis entscheiden zu lassen. „Der Bürger hat gewählt.“ Dessen Wille werde von den Bundestagsfraktionen umgesetzt. Auf den Ausgang des SPD-Votums ist Gronewold „sehr gespannt“. Er habe von SPD-Mitgliedern vor Ort „viele kritische Stimmen gehört“.

Thomas Janßen, Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Aurich-Ost, findet die Vorgehensweise wegen des schlechten Abschneidens der SPD bei der Bundestagswahl (25,7 Prozent) nachvollziehbar. „Da möchte sich die Parteiführung noch mal Rückendeckung von der Basis holen. Das ist ihr gutes Recht.“ Bei der CDU sehe er dafür aber keine Veranlassung, so Janßen.

Andrea Risius, Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes Emden, hat keine Probleme mit dem Weg der SPD. „Das ist ihre Entscheidung, das sehe ich ganz locker.“ Nachahmenswert für die CDU findet sie das Basisvotum aber nicht.

Benedikt Rosenboom, Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Emden-West, findet es generell nicht richtig, Parteien über Koalitionsverträge abstimmen zu lassen   –   weder in Form von Mitgliederbefragungen noch in Form von Parteitagen. „Dafür sind die Bundestagsfraktionen da. Die Abgeordneten wurden schließlich vom Volk gewählt.“

Nur eines der von der OZ befragten CDU-Mitglieder kann sich ein solches Mitgliedervotum auch für die CDU vorstellen: der Leeraner CDU-Kreisvorsitzende Patrick Engel. Er spricht von einem „sehr spannenden Vorgang“, sieht darin allerdings auch ein Zeichen des Misstrauens. Die Distanz zwischen SPD-Führungsriege und Parteibasis sei groß, das wisse er aus Gesprächen mit SPD-Mitgliedern vor Ort, so Engel. Deshalb habe SPD-Chef Gabriel das Gefühl, sich absichern zu müssen.