Die Grünen sind gegen Autobahnen. Das muss man nicht gut finden, aber kann es akzeptieren als Meinung einer Partei. Um ihre politische Haltung auf eine höhere Ebene zu hieven, lassen Parteien sie gern mal wissenschaftlich polieren.
So auch die Bundestagsfraktion der Grünen: Sie bezahlte die Fachhochschule Erfurt für ein Gutachten, in dem diese untersuchen sollte, ob neue Autobahnen in Randgebieten Wachstum bringen. Die Erfurter nahmen neben Autobahnen im Osten die A31 und A28 in Ostfriesland und dem Emsland unter die Lupe.
Ihr Ergebnis: Neue Autobahnen bringen nichts für den wirtschaftlichen Aufschwung einer Region. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Die Industrie- und Handelskammer in Emden tat es trotzdem. Sie verkneift sich zwar den Begriff Gefälligkeitsgutachten, spricht aber von „wissenschaftlich verbrämtem Unsinn“.
Sichtbar sind blühende Gewerbegebiete entlang der Autobahnen. Tatsächlich handelt es sich bei den Firmen dort nicht immer um neue von auswärts, sondern oft um heimische, die aus der Mitte der Städte an die Autobahn umziehen – und sich dort meist blendend entwickeln. Aber es gibt auch neue Betriebe, die vorwiegend wegen der guten Verkehrsanbindung kommen. Zum Beispiel der Verpackungshersteller Weidenhammer in Bunde. Und nur wer seine Hose mit der Kneifzange anzieht, glaubt, dass zum Beispiel Bünting noch in Leer säße ohne A28 und A31.
Eine entscheidende Frage haben die Wissenschaftler nicht untersucht, weil es auch kaum möglich ist: Was wäre, wenn die Autobahnen nicht gebaut worden wären? Jeder Wirtschaftsförderer weiß aus Erfahrung, dass Betriebe besonders dann kommen oder bleiben, wenn sie ihre Waren schnell zu den Kunden bringen können. Dafür brauchen sie in erster Linie Autobahnen. Selbst wenn wir die Wachstumsfrage außen vor lassen: Mindestens so wichtig ist die Bestandspflege.
Ohne die A31 wäre ein Lkw drei, vier Stunden unterwegs von Leer nach Bottrop, Richtung Bremen würde es ohne die A28 auch lange dauern. Das kostet Nerven, Zeit und Geld, es wirft eine Firma im Wettbewerb zurück – abgesehen von der Qual, unter der die Menschen damals litten, als die Autos noch durch ihre Dörfer und Städte rollten. Den Lückenschluss der A31 haben vor Jahren hunderte ostfriesische, emsländische und niederländische Unternehmen und Tausende Privatpersonen mit einer gewaltigen Millionensumme mitfinanziert. Weil sie wissen: Zeit ist Geld und manchmal auch Lebensqualität. Gerade eine Autobahn mildert die Nachteile einer geografischen Randlage.
Heute geht es auch darum, Fachkräfte zu locken oder zum Bleiben zu bewegen. Ostfriesland steht nicht obenan auf der Wunschliste. Trotz aller Vorteile: Ohne Autobahn könnten die Fachkräfte-Anwerber in Ostfriesland ihre Arbeit einstellen. Keiner käme. Gute Verbindungen zu den großen Städten sind das A und O – für die Wirtschaft, für Menschen von außen und nicht zuletzt für die Ostfriesen selbst.