Sehr geehrte Damen und Herren,
„Anpacken. Besser machen.“ - so lautete das Motto der Wahlkampagne des neuen Ministerpräsidenten. Tatsächlich scheint bei der rot-grünen Landesregierung jedoch die Devise zu gelten: „Liegen lassen. Später machen“.
Was wir in den vergangenen zwei Monaten von der neuen Landesregierung gesehen haben, war ein Koalitionsvertrag voller wachsweicher Formulierungen, der den Eindruck erweckt, unliebsame Themen würden auf später verschoben oder gleich ganz ausgespart. Es gab eine Regierungserklärung die vor Binsenweisheiten undAbsichtsbekundungen nur so strotzte, aber jede konkrete Festlegung vermied. Und nicht zuletzt eine zweitägige Kabinetts-Klausurtagung, bei der es vor allem um das gegenseitige Kennenlernen ging.
Konkrete Angaben zur Linie der künftigen Regierungspolitik? Fehlanzeige! Auch die Zahl der parlamentarischen Initiativen der Regierungskoalition ist bislang überschaubar. Das überrascht - noch in den Koalitionsverhandlungen wurde schließlich stets die Reformnotwendigkeit in der Landespolitik betont.
Reformiert wurde bislang vor allem der Regierungsstil. Statt auf den im Koalitionsvertrag viel gepriesenen Dialog, setzt man auf das Diktat von oben. So steht zum Beispiel die Schulgesetznovelle plötzlich und nur mit einem minimalen Anhörungsverfahren auf der Tagesordnung. Im Schnellverfahren soll die Schulstruktur in Niedersachsen zu Gunsten der von Rot-Grün bevorzugten Gesamtschulen auf den Kopf gestellt werden. Das ist eine echte Kampfansage an alle anderen Schulformen in Niedersachsen.
Im Hinblick auf die Landesfinanzen verfährt die Landesregierung konsequent nach dem Prinzip Hoffnung: Bei Nachfragen wird auf die Steuerschätzung oder den Ausgang der Bundestagswahl verwiesen. Massive Steuererhöhungen sollen helfen, die teuren Wahlversprechen zu finanzieren. Auch die Minister fallen bislang höchstens durch die Beliebigkeit ihrer Erklärungen auf. Gebetsmühlenartig wird auf geplante Bundesratsinitiativen verwiesen - offenbar um vom Fehlen eigener landespolitischer Konzepte abzulenken.
Es wird Zeit, dass der Ministerpräsident von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch macht und einen klaren Kurs vorgibt. Wo bleibt die Regierungserklärung zum demografischen Wandel oder zur Zukunft der Regionalpolitik? Im Wahlkampf hatten die Themen oberste Priorität. Auch die Regierungserklärung zu Gorleben war vor allem der Vernebelung eigener Widersprüche geschuldet. Inhaltlich ging sie kaum über bloßes Zeitungswissen hinaus. Antworten auf die zentralen Fragen blieb der Ministerpräsident einmal mehr schuldig: Steht wirklich schon
definitiv fest, dass keine Castoren mehr nach Gorleben rollen werden? Und was ist mit den anderen niedersächsischen Standorten? Als Ministerpräsident muss Herr Weil sich seiner Verantwortung für ganz Niedersachsen stellen.
Einen Kompromiss, wie er jetzt gefunden wurde, hätten wir im Übrigen schon vor Monaten haben können. Es war Ministerpräsident David McAllister, der die Tür für einen Endlagerkonsens überhaupt erst aufgestoßen hat. Herr Weil hingegen hat sich in dieser Frage bis zum 20. Januar völlig irrational verhalten. Er wusste, dass man bei einem Neustart der Endlagersuche nicht von einer „weißen Landkarte“ reden und gleichzeitig einen Ort von Anfang an streichen kann. Trotzdem ist er mit einem kategorischen Nein zu Gorleben in den Wahlkampf gezogen. Sein zentrales Wahlversprechen hat damit gerade einmal sechs Wochen gehalten.
Wir haben der rot-grünen Landesregierung nach zehn Jahren erfolgreicher Regierungsarbeit ein gut bestelltes Feld übergeben. Das ist das Ergebnis einer mutigen Politik mit Leidenschaft und Sachverstand. Mit diesen Tugenden werden wir auch unsere Aufgabe als Opposition erfüllen. Wir werden SPD und Grünen sehr genau auf die Finger schauen und nicht zulassen, dass sie die Erfolge der CDU-geführten Landesregierung leichtfertig verspielen.
Björn Thümler
Fraktionsvorsitzender
PS: Hier finden Sie die Liste der CDU-Landtagsfraktion in der 17. Wahlperiode, mehr Infos zur Fraktion unter
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