Handwerk: Peter Bolduan und seine Frau Ute schließen ihren Betrieb in Aurich am 28. September.
Peter und Ute Bolduan führen die Fleischerei seit 1977. Ihre Waren verkaufen sie unter anderem in Konserven. Urkunden an den Wänden des Ladenlokals an der Oldersumer Srtaße erinnern an zahlreiche Ehrungen und Preise.
Aurich - Der Fleischermeister lässt seinen Blick über die vielen Urkunden an der Wand schweifen. Dann deutet er auf eine von ihnen. In geschwungenen Lettern wird dort auf Englisch zertifiziert, dass Peter Bolduan ein Mitglied des „Institute of Meat“ ist, des Fleischinstituts. „Darauf bin ich besonders stolz“, sagt er. Die Mitgliedschaft habe er verliehen bekommen, nachdem er 1976 auf einem Kongress in Stuttgart vor 80 Fleischern aus Großbritannien referiert hatte.
Der Auricher ist in seiner langen Berufslaufbahn mit Preisen überhäuft worden. Jetzt ist für ihn und seine Frau Ute die Zeit gekommen, von seinen Kunden Abschied zu nehmen. Am 28. September ist das Geschäft in der Oldersumer Straße zum letzten Mal geöffnet. Auch den Wochenmarkt wird das Ehepaar dann nicht mehr beschicken.
Ute und Peter Bolduan hinter der Theke ihres Geschäfts in der Oldersumer Straße. In der Hand hält der Fleischermeister seinen preisgekrönten "Ostfriesischen Knochenschinken nach Serranao-Art", der besonders in der Spargelzeit der Renner war. „Ich bin 72 und meine Frau 66. Jetzt muss es gut gewesen sein“, sagt Peter Bolduan. Er gilt als Innovator der Branche. Er hat rein pflanzlichen Aufschnitt entwickelt und die Fischbratwurst erfunden. Mit der beliefert er unter anderem das Restaurant von Starköchin Sarah Wiener und das Hilton-Hotel in Berlin.
Ute und Peter Bolduan präsentieren frisch geräucherte Wiener Würstchen. Den größten Coup landete Bolduan, als im Jahr 2000 die BSE-Krise die Branche erschütterte. Die Angst vor der Rinderseuche ließ den Fleischverkauf überall in Europa dramatisch absacken. Ausgerechnet der Fleischer Bolduan profitierte sogar davon. Denn zusammen mit seinem Sohn Ralf, einem studierten Lebensmitteltechniker, hatte er schon ein paar Jahre zuvor vegetarische Wurst entwickelt. „Der Aufschnitt war gerade marktreif geworden“, sagt Bolduan.
Die Kunden rannten nicht nur in der Oldersumer Straße die Türen ein. Auch im Ausland wollten alle den Aufschnitt mit dem französischen Namen „Precieux“ haben. „Wir produzierten das tonnenweise“, erzählt Bolduan mit einem verträumten Lächeln. „Wir konnten gar nicht genügend Rohstoffe bekommen.“
In drei Schichten wurde in Aurich rangeklotzt. Die Ware wurde nach England, Österreich oder in die Niederlande verschickt. Weil es der Post irgendwann zu bunt wurde, erhielt Bolduan in Schirum eine eigene kleine Poststelle.
Gut anderthalb Jahre hielt der Boom an. Dann flaute er ab. Bolduan verdiente das Geld wieder vor allem mit Fleischprodukten – bis heute.
Der Versuch, ein kleines Filialnetz aufzubauen, wurde nach einigen Jahren wieder eingestellt. Bekannt ist vielen Aurichern noch die Niederlassung im Carolinenhof.
Erhalten geblieben ist die Hauptstelle in der Oldersumer Straße. Dort werden heute zwei Gesellen und vier Verkäuferinnen beschäftigt. 1977 übernahm das Ehepaar Bolduan das Geschäft von Fleischer Mannott. Ute und Peter Bolduan lebten damals noch in Detmold. Eine Anzeige in einer Fachzeitschrift führte sie nach Ostfriesland.
Seit acht Jahren sind die Bolduans auch auf dem Auricher Wochenmarkt zu finden, mit ihrer Filiale auf vier Rädern sozusagen. Dort seien die Kunden besonders treu, sagt Ute Bolduan. „Egal, wie schlecht das Wetter ist, die Leute kommen vorbei.“
Das Berufsleben von Peter Bolduan begann schon mit 13 Jahren im elterlichen Fleischerbetrieb in Apen. Der Sohn und die Tochter von Peter und Ute Bolduan haben heute ganz andere Jobs. Für sie kommt eine Übernahme nicht infrage.
Dem 28. September blickt das Ehepaar daher mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits ist da die Vorfreude auf die freie Zeit, die bisher so rar war. Anderseits die eigene Wehmut und die der Kunden. „Das wird sehr emotional“, ist sich Peter Bolduan sicher.
Gerd Samuels und Holm Eggers besuchten das Ehepaar Bolduan - nachdem mehrere Mitglieder und treue Kunden auf die bevorstehende Schließung hingewiesen haben - und überreichten nicht nur den "Schwarzen Friesen Tee" und das Liederbuch der Senioren-Union, sondern wünschten Bolduans alles Gute für den verdienten Ruhestand. Gleichzeitig luden Sie Peter Bolduan und seine Frau Ute zum nächsten politischen Frühstück am 10. Oktober im Ostfrieslandhaus ein.